Persönlichkeitsrechte mit Füßen getreten

Ein Livestream von Ratssitzungen im Internet ist wünschenswert, muss aufgrund rechtlicher Bestimmungen allerdings sorgfältig vorbereitet werden.

Um es direkt zu sagen, die CDU-Fraktion unterstützt das Vorhaben der Verwaltung, zukünftig Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse ins Internet zu übertragen. Dies fördert Transparenz, ist eine Möglichkeit für jeden, Sitzungen zu verfolgen und ermöglicht niederschwellig einen Zugang zur Politik vor Ort.

Gleichzeitig ist ein Livestream ins Internet aber auch ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten. Anders als in Ratssitzungen, die immer öffentlich stattfinden und zu denen alle Bürger der Gemeinde herzlich eingeladen sind, werden in diesem Fall Film- und Tonaufnahmen von Personen angefertigt, verarbeitet und im Internet zugänglich gemacht. Rechtliche Bestimmungen müssen dabei eingehalten werden.

In der aktuellen Diskussion muss man zwischen digitalen bzw. hybriden Sitzungen und zwischen einer Veröffentlichung von Film- und Tonaufnahmen ins Internet unterscheiden.

Digitale Sitzungen sind ausschließlich in besonderen Ausnahmesituationen wie z.B. Katastrophen oder eine Pandemie zulässig, hybride Sitzungen sind eine Mischung aus Präsenzveranstaltung, bei der einzelne Ausschussmitglieder, aber auch die Öffentlichkeit digital zugeschaltet werden können. Das Land NRW hat hierzu per Verordnung klare Regeln und Vorgaben gemacht, die u.a. sicherstellen, dass eine Übertragung erst nach vorheriger Anmeldung in einem geschützten Bereich stattfindet.

Diese Regelungen gelten allerdings nicht für die Veröffentlichung von Film- und Tonaufnahmen von Sitzungen im Internet. Das heißt, die Gemeinde muss hier selbst eine sinnvolle Vorgehensweise festlegen, sinnvollerweise vorab und unter Einbezug der Beteiligten. Werden Übertragungen nur zeitgleich ins Internet übertragen oder sind diese auch nachträglich für jeden abrufbar? Wie lange werden Mitschnitte von Sitzungen gespeichert? Welche Kosten entstehen für eine Liveübertragung und wie hoch ist der Personalaufwand? Viele Fragen sind offen und müssen vorab geklärt werden.

Eine Sitzung einfach übertragen, wie es der Bürgermeister mit der Ratssitzung im Februar geplant hatte, ist zum Schutz aller Beteiligten, aber auch aus rechtlicher Sicht, nicht zulässig. Weder die umfassenden Änderungen in der Geschäftsordnung und in der Hauptsatzung waren vorbereitet, noch lag ein stimmiges Konzept zur Verarbeitung personenbezogener Daten vor. Es gab keine spezielle Ankündigung der Verwaltung, z.B. mit der Einladung, und die Erklärung zur Einwilligung einer Übertragung ins Internet wurde allen Ratsmitgliedern erst kurz vor der Sitzung zur Verfügung gestellt. Ein Hinweis für Zuschauer im Internet zur Einhaltung des Datenschutzes fehlt auf der Internetseite der Gemeinde Engelskirchen bis heute.

Die CDU-Fraktion hatte noch vor der Ratssitzung im Februar der Verwaltung rechtliche Bedenken zur Übertragung mitgeteilt, darauf eingegangen wurde allerdings nicht. Schlimmer noch. Mit seiner Äußerung zu Beginn der Sitzung: „Wenn nicht alle unterschreiben, dann kann die Sitzung nicht übertragen werden“ zeigte Bürgermeister Dr. Karthaus eindrücklich, dass ihm das Problembewusstsein fehlt, um die Rechtmäßigkeit der Sitzung nicht zu gefährden und die Rechte aller Beteiligten zu schützen.